Beim Begriff Starkastenfotos denken vermutlich viele erstmal
an zu schnelle Autos, das Flensburger Punktekonto und 50€ Ordnungsstrafe.
Doch hier geht's um einen echten Starkasten!
Seit Jahren wohnen in unserem Garten Stare, Meisen, Amseln und diverse andere
Flattermänner. Die geflügelten Tierchen befreien uns von Mücken, Raupen,
Blättläusen anderen Plagegeistern. Zum Dank dafür überlassen wir den Meisen
und Staren mietfrei kleine Einraumwohnungen.
Die Piepmätze lassen sich von unserem Frühlingsgewühle im Garten überhaupt nicht
stören und ziehen meist 2 Bruten pro Jahr groß. Um das Brutgeschäft
noch genauer verfolgen zu können, hab ich Anfang März 2014 eine Webcam im
Starkasten installiert. Denn was die NSA kann, kann ich schließlich auch!
Nach dem kurzen und milden Winter war ich spät dran,
denn Vater Starmatz balzte schon fleißig im Kirschbaum und hatte schon mehrfach
sein Traumhaus inspiziert.
Ich hab einfach eine Webcam und eine Infrarotbeleuchtung von innen gegen das
Dach des Starkastens geschraubt. Schon nach dem ersten Foto hat sich gezeigt,
dass die Beleuchtung nicht notwendig ist. Jede gewöhnliche Webcam kommt mit
dem wenigen Licht aus, das durch das Einflugloch einfällt. Und nachts ist im
Starkasten ohnehin nicht viel los, denn schließlich sollen hier Stare wohnen
und keine Fledermäuse.
Die Webcam hatte ich schon vorher auf Infrarotsicht umgerüstet, um den
Waschbären zu "schießen", dessen Spuren häufig zu finden sind. Leider
hat die Fotofalle nur Nachbars Katzen erwischt und nie den Bären.
Der Umbau auf Nachtsicht ist mehr als einfach: Man muss die Optik
auseinandernehmen (sofern das möglich ist). Dabei findet man den
Infrarot-Sperrfilter, eine wenige Millimeter große Glasscheibe, die
meist leicht bläulich gefärbt ist. Anschließend baut man die Optik ohne
den Filter wieder zusammen - fertig. An der winzigen Elektronik muss
nichts geändert werden.
Der Starkasten hängt draußen an meiner Bastel-Werkstatt. Das Webcamkabel
führt durch die Wand zu einem PC, auf dem ein Fotofallen-Programm läuft. Immer
wenn sich im Kasten etwas tut, speichert die Software ein Foto. Seit dem
5. März ist nun der Star-Blitzer scharf und lauert auf die Piepmätze.
Der Bursche balzt, was das Zeug hält, aber die Wohnung ist noch leer. |
Starmatz und -mätzin begutachten ihre Wohnung. | Als Star weiß man, wie man sich vor der Kamera verhält: Immer lächeln! |
Ganz langsam entsteht das erste und einzige Möbel: das Nest. Petrus, oder wer sonst unser Wetter zusammenbraut, ist in den letzten Tagen sehr geizig mit Sonne und Wärme. Vermutlich dämpft das trübe Wetter bei unseren Staren die Balz-, Bau- und Brutstimmung, denn der Nestbau schleicht so langsam dahin, wie ein Hutfahrer auf der Autobahn. |
Das Wetter ist immer noch recht kühl und ebenso kühl ist
scheinbar die Starmätzin. Star-Mann singt und tanzt im Kirschbaum, aber
von Star-Frau sieht und hört Mann nichts. Stattdessen schaut ab und zu eine Blaumeise 'rein und überlegt wohl, ob sie nicht diese Wohnung übernehmen könnte. Oder hat sie sich nur in der Tür geirrt? Schließlich hängt der Meisenkasten ein paar Meter weiter. |
Der Flattermann sitzt weiter im Kirschbaum und balzt. Inzwischen hat er mehrere Fremdsprachen gelernt, um seiner Angebeteten zu imponieren: Ab und zu schreit er wie ein Bussard, ruft wie eine Dohle, oder flötet wie eine Amsel. Letztens hat er sogar gegackert, wie eine Henne nach dem Eierlegen. |
Seit gestern scheint ständig ein Flattermann im Kasten zu sitzen und zu schlafen. Was tut der da so lange? |
Hier ist die Lösung des Rätsels! ↑ Was lernen wir daraus: Männer lernt Fremdsprachen und die Damenwelt liegt Euch zu Füßen! |
12. April: Heute morgen entdecke ich mit Entsetzen, dass die Wand unter
dem Starkasten mit Krallenabdrücken bedeckt ist. Irgendein Mistvieh hat
versucht, den Kasten auszurauben. Die Spuren ähneln Handabdrücken. Das
lässt den Schluss zu, dass es nicht Nachbars Katze war, sondern der
Waschbär. Anti-Tauben-Stacheln auf dem Fensterbrett und ein paar Spritzer Salmiakgeist in der Umgebung werden das Untier hoffentlich ín Zukunft fernhalten. |
In diesem Jahr klemmt bei unseren Staren irgendwie die Säge! Vermutlich ist es ein junges, unerfahrenes Paar. Das Nest ist ziemlich simpel, um nicht zu sagen liederlich, so dass die Eier fast ungepolstert auf dem Kastenboden liegen. Das Schlimmste: Die beiden sind große Angsthasen. Sie haben scheinbar keine Erfahrung mit uns friedlichen Menschen, so dass sie bei jeder noch so kleinen Störung die Eier im Stich lassen, sich im Kirschbaum verstecken und sich ewig nicht wieder in den Kasten wagen. Wir befürchten, dass die Kükchen in den Eierschalen erfrieren und halten uns deshalb kaum im Garten auf. Vielleicht schlüpfen die Ministars doch bald. Wir hoffen, dass dann der Trieb, die Jungen zu füttern, stärker ist als die Angst vor uns.
Zwei Nachrichten: Zuerst die gute: Heute entdeckten wir drei Kükchen im Nest. Meine Befürchtungen, dass sie vor dem Schlüpfen erfrieren könnten, haben sich nicht bestätigt. Die weniger gute Nachricht: Die Babies haben den Bruttrieb nicht intensiviert! Die Eltern flüchten nach wie vor, wenn sich jemand im Garten blicken lässt. |
Inzwischen ist das Kleeblatt komplett. Auch der vierte Winzling ist geschlüpft. | Die Zwerge sind fast nackt. Deshalb werden sie ab und zu von einem der Oldies gewärmt. | |
Die Eltern fliegen nun im 3-Minutentakt mit Futter an. Sie haben immer noch große Angst vor uns. Nur wenn wir weit genug vom Kasten entfernt sind und ihnen den Rücken zuwenden, wagen sie sich in ihr Haus. | Hier sieht man einen der Oldies beim Windelnwechseln. |
Die Oldies füttern ihren Nachwuchs unermüdlich mit leckerem Ungeziefer und säubern und düngen ganz nebenbei unseren Garten. | So ist es kein Wunder, dass unsere Superstars flott an Größe zulegen. Auch ein Federkleid haben sie sich mittlerweile angezogen. | |
Man beachte die drolligen Federohren der kleinen Flattermänner! Nur schade, dass die Oldies diese lustigen Pinselohren nicht mehr besitzen. |
Die flotten Pinselohren sind schon wieder verschwunden. Dafür sehen die Kerlchen inzwischen aus wie richtige Stare. |
Mitlerweile sitzt fast ständig einer der kleinen Piepser am "Fenster" und schaut nach draußen. Ob er hungrig ist und auf die Oldies wartet? Oder lockt ihn die Sonne, die heute aus allen Knopflöchern scheint? Vermutlich ist er nur neugierig auf die bunte Welt da draußen. |
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Es war schon zu erwarten: Die ersten beiden sind ausgeflogen. Die
daheim gebliebenen Geschwister haben nun mehr Platz und trainieren
fleißig ihre Flittche. |
Inzwischen ist ein Jahr vergangen. Nach dem Ärger mit dem NSA und diversen
anderen Geheimdiensten hab ich die Kamera wieder aus dem Starkasten entfernt.
Schließlich könnte eine im Kinderzimmer von Familie Star heimlich versteckte
Kamera strafbar sein? 😕
So haben wir in diesem Frühjahr die Flattermänner nur von draußen beobachtet.
Auch in diesem Jahr haben die Oldiestare wieder ein paar Kinder großgezogen.
Der Nachwuchs ist zwei Tage vor Pfingsten ausgeflogen, gerade rechtzeitig, um noch
schnell zum Sputnik-Springbreak auf die Halbinsel Pouch zu fliegen.
Erfahrungsaustausch, Vorschläge, Nachfragen: t.klein.btf@gmx.de
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